Starker Knees

 

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Starker Knees

Da war einmal ein Bauer, der ging frühzeitig am Morgen hinaus in den Wald und nahm seine Axt mit sich. Und als er dorthin kam, gewahrte er da eine Zwergin, die sehr schön war. Er bekam Verlangen nach ihr und ging hin und hatte seinen Willen mit ihr, und dann ging er von ihr und verrichtete seine tägliche Arbeit draußen im Wald. Und am Abend ging er nach Hause und dachte nicht weiter daran.

Als die Zeit verstrichen war, gebar diese Zwergin einen Sohn. Den nannte sie Knees. Und sie zog ihn auf, und als er groß wurde, vermochte sie ihn nicht mehr zu ernähren, weil er so schrecklich viel aß. Und sie sagte zu ihrem Sohn: »Knees, geh zu der Kirche, die da draußen liegt, nimm diese Axt mit dir und stelle sie im Vorhaus dorthin, wo die anderen Bauern ihre Stöcke hinstellen. Und wenn sie dann herauskommen - wer dann die Axt wiedererkennt, das ist dein richtiger Vater. Und sage ihm, er soll dich so lange ernähren, wie ich dich ernährt habe.«

Und Knees nahm Abschied von seiner Mutter und machte sich auf den Weg und tat alles so, wie es die Mutter befohlen hatte, und stellte seine Axt im Vorhaus zwischen die Stöcke der Bauern, und Knees stellte sich daneben. Und die Bauern kamen und nahmen ihre Stöcke. Unter den anderen erblickte auch der Bauer seine Axt; er nahm sie in die Hand. Da sagte Knees: »Die Axt gehört mir.« »Nein«, sagte der Bauer, »das ist meine Axt.« Da sagte Knees: »Wenn die Axt dir gehört, so bist du mein richtiger Vater.« »Nein«, sagte der Bauer, »die Axt erkenne ich wohl, aber dich erkenne ich nicht.«

Endlich musste Knees den Bauern nach Hause begleiten. Und Knees war eine Zeit bei seinem Vater und arbeitete so schwer, dass der Vater zuletzt nichts mehr für ihn zu arbeiten hatte. Hingegen aß er aber soviel wie zwölf Männer, und der Bauer konnte ihn nicht mehr erhalten oder ernähren. So ging der Bauer in die Stadt, und Knees begleitete ihn, und der Bauer ging hinauf aufs Schloss und fragte den König, ob er einen Knecht zur Arbeit brauche. Der König sagte: »Wo ist er?« Und der Bauer hieß Knees heraufkommen. Und der König fragte, wie sein Name wäre. »Knees heiße ich.« Und der Bauer ging seines Weges und war froh, dass er Knees los war.

Und der König trug ihm auf, er solle gehen und mit seinen anderen Knechten arbeiten. Und Knees sagte: »Erst essen!« Der König sagte: »Zu essen sollst du bekommen.« Und als er gegessen hatte, ging er davon und arbeitete mit den anderen Knechten. Und am anderen Tag sagte der König zu Knees: »Fahr heute in den Wald!« Knees sagte: »Erst essen!« »Zu essen sollst du bekommen.« Und als er gegessen hatte, sagte der König: »Fahr nun in den Wald und hol ein Fuder Holz.« Knees sagte: »Wie weit reicht ein Fuder! Zwölf Fuder werde ich heimfahren.«

Und er bat, der König möge ihm zwölf zweispännige Wagen geben und zwölf Paar Ochsen und elf Knechte, dann wolle er in den Wald fahren. Und er bekam alles. Und er fuhr los in den Wald und fing an zu schlagen, dass die elf Knechte nichts anderes zu tun hatten, als das Holz zu den Wagen zu tragen. Und wie Knees gerade beim besten Holzschlagen war, kam ein Bär und holte den einen Ochsen von dem Wagen fort, den Knees fuhr, und zerriss ihn und dachte ihn aufzufressen. Da lief Knees dem Bären nach und ergriff ihn und spannte ihn mit dem anderen Ochsen zusammen vor den Wagen. Und so fuhr er wieder nach Hause. Und als er heimgekommen war, ging er hinauf zum König. Und der König fragte ihn: »Wo ist das Holz, das du bringen wolltest?« »Erst essen!« sagte Knees. »Zu essen sollst du bekommen«, sagte der König. Und als er gegessen hatte, fragte ihn der König das gleiche. Da sagte Knees:

»Ich war im Wald, und eben als ich das Holz geschlagen hatte und es auf den Wagen lud, kam eine Katze aus dem Wald gelaufen und nahm das eine Kalb weg, das vor dem Wagen stand, und deshalb packte ich die Katze und setzte sie vor den Wagen und fuhr so nach Hause. Geh hinab in den Hof, da kannst du es sehen!«

Und als der König hinunter in den Hof kam, erblickte er einen großen Bären vor dem Wagen neben dem anderen Ochsen. Und der König nahm den Bären, und Knees bekam viel an Geld und Kleidung, soviel, wie er für eine lange Zeit brauchte. Eine Zeit später kam der Feind in dieses Königreich, und der König sagte zu Knees: »Wenn du mir die Feinde aus meinem Land wegschaffst, so werde ich dir viel Geld geben.« Knees sagte: »Erst essen!« »Zu essen sollst du bekommen.« Und als er gegessen hatte, kam der König herein. Und Knees sagte zum König:

»Du sollst mir eine Keule aus Eisen machen lassen, die soll zwanzig Schiffspfund wiegen, und eine Peitsche, die zehn Schiffspfund wiegt.« Und er sagte, der König solle zwölf Paar Ochsen schlachten, sechs Paar sollen gebraten werden und sechs Paar gekocht, und die vierundzwanzig Ochsenhäute sollen zusammengenäht werden, und aus ihnen soll man einen Sack machen, und die vierundzwanzig Ochsen soll man zusammen mit Brot dort hineingeben. Und der König ließ sogleich zwölf Paar Ochsen schlachten und ließ das Fleisch in den Ledersack geben, den man aus den Ochsenhäuten zusammengenäht hatte. Und Knees wollte sich auf den Weg machen. Da fragte der König Knees, ob er einige hundert Mann mit sich haben wolle. Knees antwortete: »Nein, ich gehe wohl alleine.«

Und so machte sich Knees auf den Weg und hatte seine Keule und die Peitsche auf der einen Schulter und seinen Esssack auf der anderen Schulter und marschierte so seinen Weg dahin. Und nachdem er lange Zeit gegangen war, kam er ans Ziel. Und als er noch eine viertel Meile vom Lager der Feinde war, da wirft er seinen Esssack zusammen mit der Keule und der Peitsche auf den Boden, dass man es bis ins Lager der Feinde hörte; dort meinten sie sogleich, ihr Feind würde kommen, und machten sich fertig und kamen dahin, wo Knees saß, und sie bildeten einen Kreis rund um ihn und staunten ihn an. Und er machte seinen Esssack auf und setzte sich hin, um zu essen. Und als er gegessen hatte, steckte er wieder hinein, was übriggeblieben war, und band seinen Esssack wieder zu und stand auf und nahm die Keule in die eine Hand und die Peitsche in die andere und schlug so lange zu, solange sich einer auf der Erde rührte.

Und Knees nahm seinen Esssack auf die eine Schulter und die Keule und die Peitsche auf die andere und marschierte seinen Weg dahin, und nachdem er lange gegangen war, gelangte er wieder nach Hause. Und als er heimkam, ging er hinauf aufs Schloss und hinein zum König. Und der König fragte, wie es ihm ergangen sei. Da sagte Knees: »Erst essen.« »Ja, zu essen sollst du bekommen.« Und er aß, und als er gegessen hatte, fragte der König, wie es ihm ergangen sei. Knees antwortete:

»Ja, es ging gut. Ich geriet mit ihnen zusammen und habe sie alle miteinander erschlagen. Wenn du's nicht glauben willst, so mach dich auf und sieh dir's an, so wirst du sehen, dass es wahr ist.« Als der König das hörte, war er arg zufrieden.