Der weisse Baer

 

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Der weiße Bär

Es war ein König, der hatte zwei Söhne. Eines Tages waren sie draußen auf der Jagd, und da kamen sie an einem kleinen Haus vorbei. Da wohnten drei Mädchen.

»Heute sind die Prinzen unterwegs«, sagte das eine Mädchen. »Es ist so traurig mit den Prinzen da«, sagte das zweite. »Wenn der ältere Hochzeit hat, wird er wahnsinnig, steht auf und geht mit dem Messer auf seinen Vater los. Da steht der jüngere auf und nimmt ein Messer und umfährt damit den Arm seines Bruders, und dann setzt er sich, und es ist alles wieder gut und in Ordnung. Aber mit dem jüngeren geht es schlimmer. Wenn er seine Hochzeit hat, kommt der weiße Bär und holt ihn.« Das hörten die Prinzen.

Nun, als der ältere seine Hochzeit hatte und man sich des Abends zu Tisch setzte und speisen wollte, da wurde er wahnsinnig und sprang auf und nahm ein Messer und wollte es seinem Vater in die Brust stoßen. Da sprang der jüngere auf und nahm ein Messer und fuhr damit um seines Bruders Arm, und dann setzte er sich, und alles war wieder ruhig.

Als der jüngere seine Hochzeit halten wollte, da ließ ihn der König von dreihundert Mann bewachen. Spät am Abend kam der weiße Bär, und er tötete alle bis auf einen. Das dauerte, bis es gegen Morgen heller wurde. Da machte sich der weiße Bär davon. Und da sagte er: »In der nächsten Nacht komme ich wieder, und da bin ich noch einmal so stark.« Da ließ der König sechshundert Mann antreten, und sie kämpften die ganze Nacht mit dem weißen Bären, bis es Tag wurde. Da waren nur noch zwei übrig. »In der nächsten Nacht komme ich wieder«, sagte der Bär. »Da bin ich noch einmal so stark.« Da ließ der König neunhundert Mann antreten. Die kämpften die ganze Nacht mit ihm, und am Morgen waren nur noch drei übrig. Als er dann ging, sagte er: »Jetzt ist er ein Jahr frei von mir, aber dann komme ich und hole ihn.«

Nun sagt der Prinz zu seinem Vater: »Es wird gut sein, wenn ich mich davonmache, denn der Vater kann nicht so viele Leute meinetwegen umkommen lassen. Ich gehe auf Wanderschaft.«

Die drei Mädchen waren aus dem Häuschen ausgezogen, und jedes wohnte jetzt an einem anderen Ort für sich. Nun war die Zeit da, zu der der weiße Bär kommen und den Prinzen holen wollte. Der war gar nicht wenig gewandert. Da kam er in eine kleine Hütte und fragte, ob er hier nicht Nachtlogis bekommen könnte, und dann erzählte er auch, dass der weiße Bär bald soweit sein würde, ihn zu holen. Da sagte sie, die da in der Hütte wohnte, zu ihrer Magd: »Mach dich jetzt auf und gib dem Hundschön einen großen Eimer voll, damit er sich gut sattessen kann. Er muss heute Nacht mit dem weißen Bären kämpfen.« Sie kämpften die ganze Nacht, bis es Tag wurde. - »Ja, in der nächsten Nacht komme ich wieder, und da bin ich noch einmal so stark«, sagte der Bär.

Am Morgen - nun war er den ganzen Tag von dem Bären befreit - bekam der Prinz diesen Hund von dem Mädchen. Und dann bekam er auch noch eine Rute von ihr. Wenn er irgendwohin zu einem Wasser käme, über das er nicht hinüberkommen konnte, so sollte er dreimal mit der Rute in das Wasser schlagen, und dann könnte er trockenen Fußes hinübergelangen. Und dann bekam er noch ein Garnknäuel. Wenn er das Garn am Ende hielt, so rollte das Knäuel vor ihm dahin. Das war sein Wegweiser. Kurz vor dem Abend kam er zu der zweiten Schwester und fragte, ob er hier nicht über die Nacht Logis haben könnte. Da sagt sie zu ihrer Magd: »Jetzt sollst du Hundschön und Hundstark so viel Essen geben, wie sie haben wollen, denn sie müssen heute Nacht mit dem weißen Bären kämpfen.« Am Morgen sagt der weiße Bär zu ihnen: »In der nächsten Nacht komme ich wieder, und da bin ich noch einmal so stark.«

Dann bekam der Prinz diesen Hund auch noch, und jetzt hatte er zwei solche Hunde. Und dann bekam er ein Knäuel, und wenn er das Garn am Ende hielt, rollte das Knäuel vor ihm her. Kurz vor dem Abend war er bei der dritten Schwester. Als er bei ihr ankam, klagte er darüber, dass ihn der weiße Bär holen würde. Da sagt sie ihrer Magd, sie solle ordentlich Essen bereiten für Hundschön und Hundstark und Hundschlund - so hieß ihr Hund. So kämpften sie dann die ganze Nacht mit dem Bären. Zuletzt sagt er: »Jetzt seid Ihr ein Jahr von mir frei.«

Als der Prinz von der dritten Schwester Abschied nahm, bekam er von ihr eine Pfeife, und wenn er dreimal darauf blies, dann wussten die Hunde, dass er in Lebensgefahr war. So machte er sich wieder auf seine Wanderschaft und hatte alle drei Hunde bei sich. Nun ging er fort in ein anderes Land und zu einem anderen König, und dort verheiratete er sich mit dessen Tochter. Aus der ersten Hochzeit wurde nichts. Einmal, früh am Morgen, war seine Frau draußen und ging spazieren. Es war noch dunkel. Da konnte sie hören, dass auf der anderen Seite des Sees jemand war, und der sang ganz schrecklich schön. - »Hör du, der da singt«, rief sie, »kannst du mich nicht singen lehren?« — »Ja, geh nur zu deinem Herrn und nimm die Rute, die über seinem Bett hängt, und schlage damit dreimal ins Wasser. Dann kann ich von hier fortkommen und dich singen lehren.« — Ja, sie geht hinein, und da liegt der Prinz und schläft. Sie nimmt die Rute und schlägt dreimal ins Wasser. So kam der weiße Bär herüber und zu ihr. Er war es, der gesungen hatte, aber jetzt kümmerte er sich nicht ums Singen, denn er wollte jetzt drauflos und den Prinzen holen, aber da passten die Hunde auf und töteten den Bären.

An einem anderen Morgen war sie wieder draußen und ging spazieren - jetzt war es eine Freude, weil nun der Bär fort war. Sie ging unten am Strand des Sees entlang, und da fand sie einen Bärenzahn. Man sagt, der soll glänzen wie Gold. Sie steckt ihn an ihre Brust, und dann geht sie zum Prinzen und wollte ihm zeigen, was für einen Fund sie gemacht hatte. Er lag in seinem Bett. Die Frau beugte sich weit über ihn, und sogleich verlor sie den Zahn, und er fiel nieder auf den Prinzen. Da starb er, so dass er nun doch von dem Bären getötet wurde. Die Hunde wurden ganz toll vor Zorn auf die Prinzessin.

Dann sollte er begraben werden, aber man häufte nicht gleich Erde über ihn, sondern er wurde erst nur so beigesetzt. Da sagen die Hunde: »Das wenigste, was wir für unseren Herrn tun können, ist, dass wir jeder eine Nacht bei ihm wachen.« Hundschön sollte die erste Nacht Wache halten. Als er am Morgen zurückkam, berichtete er den anderen, dass er nicht habe wachbleiben können — er habe in der Nacht geschlafen. Da sagte Hundstark zu ihm: »Heute nacht werde ich wachen, aber ich werde nicht schlafen.« Als er aber am nächsten Morgen nach Hause kam, klagte er über sich, denn er hatte auch geschlafen.

Da sagt Hundschlund: »Heute nacht werde ich wachen, aber ich werde nicht schlafen.« Als in der Nacht die Uhr zwölf schlug, kamen zwei kleine alte Männlein auf den Friedhof. Der eine hatte eine Laterne in der Hand, der andere eine Flasche und eine Feder. Dann tauchte er die Feder in die Flasche und ließ ein paar Tropfen auf einen Sarg herniederfallen, und der, der im Sarg lag, der wurde lebendig. Es war einer von den Leuten des Alten. Da sagt Hundschlund:

»Mein lieber Herr, streicht mit der Feder über meines Herren Sarg!« - »Nein, das tue ich nicht, denn du gehörst nicht zu meinen Leuten.« - »Ach, mein lieber Herr, lasst doch nur einen Tropfen darauf fallen!« — Ja, und da ging der Alte weg und ließ ein paar Tropfen auf den Sarg fallen, und da erhob sich der Prinz. Dann kamen Hundschlund und der Prinz nach Hause, und die anderen Hunde wurden so froh, als sie ihren Herrn wiederbekamen.

Da sagten die Hunde zu ihm: »Wir sollten von hier weggehen, denn wie sich deine Frau anstellt, bringt sie dich zuletzt doch noch ums Leben!« Dem Prinzen deuchte, die Hunde hätten ihm schon so viel Gutes getan, dass er es nicht ablehnen wollte, ihnen zu folgen. Sie schlugen vor, er solle in seine Heimat zu seiner ersten Frau gehen. Und so machten sie sich wieder auf die Wanderschaft.

Als sie schon lange gegangen waren, kamen sie zu einem großen hohen Berg, und der Bergriese hatte da seine Tür offen stehen. Und der Bergriese hat Angst vor den Hunden. Er sagt zum Prinzen: »Ach, du wirst mich doch an Brei satt essen lassen, bevor ich sterbe!« - »Ja«, sagte der Prinz. -»Ich habe kein Wasser hier drinnen. Du könntest einen von deinen Hunden hinunter zur Quelle nach Wasser gehen lassen.« - »Ja, geh du, Hundschön!« befahl der Prinz. Als Hundschön hinunter zur Quelle gegangen war, nahm der Riese eine Eisenkette und warf sie ihm nach, und er musste dort gefesselt stehen bleiben. »Er kommt nicht zurück«, sagte der Bergriese. »Du solltest den anderen gehen lassen.« - »Geh du, Hundstark!« sagt der Prinz. Der Riese warf wieder eine Eisenkette, und auch Hundstark wurde an der Quelle festgehalten. »Nein, der kommt nicht wieder zurück«, sagte der Riese. »Ich kann mich doch nicht mehr an Brei sattessen! Du solltest den dritten gehen lassen.«-»Ja, da musst du gehen, Hundschlund!« Und der Riese schleuderte wieder eine Kette. »Jetzt bringe ich dich um«, sagte er. »Alle drei Hunde stehen gefesselt an der Quelle.« — »Ich bin freundlich zu dir gewesen«, antwortete der Prinz, »und so sollst du auch freundlich zu mir sein. Erlaubst du mir, dreimal diese Pfeife zu blasen, bevor ich sterbe?« Ja, dafür bekam er die Erlaubnis. Als er das erstemal blies, zerrten die Hunde an ihren Eisenketten und klagten; »Nun ist unser Herr in Lebensgefahr!« Beim zweiten Mal geschah das gleiche. Als er das dritte Mal blies, rissen sie sich los - und runter mit den Ketten und die Hunde davon, und sie töteten den Bergriesen. Danach nahmen sie Gold und Silber - denn da gab es große Schätze -, soviel sie tragen konnten. Dann machten sie sich wieder auf die Wanderschaft. Als sie nun so weit gegangen waren, dass sie schon nahe der Heimat des Prinzen waren, setzten sie sich auf einer kleinen grünen Wiese nieder, um auszuruhen. Da war mitten in der Wiese eine Quelle. Da sagen die Hunde zu dem Prinzen:

»Nun soll der Prinz uns ergreifen und jeden von uns in drei Stücke zerhauen, die Stücke gut waschen und sie dicht nebeneinander legen.« - »Das kann ich nicht. Ihr habt mir soviel Gutes getan - dass ich euch dann so etwas antue, das kann ich nicht!« - »Ja, dann werden wir's eben so mit dir machen!« sagen die Hunde.

Da dachte er, es seien ja doch nur Hunde, da könnte es ja nicht gar so arg sein, auch wenn sie ihm soviel Gutes getan hatten. Und so hieb er jeden von ihnen in drei Stücke und wusch die Stücke und legte sie dicht nebeneinander. Dann ging er weiter. Er war schrecklich traurig. Als er ein Stück gegangen war, da musste er doch zurückblicken, und da kamen drei Prinzen hinter ihm her. Das waren die Hunde gewesen.