Die Erdhöhle

 

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 Die Prinzessin in der Erdhöhle

Es war ein König, der hatte eine Tochter. Und als sie einen Freier hatte, der dem König nicht zusagte, da ließ er im Wald eine Erdhöhle bauen und gab ihr sieben Mägde und für sieben Jahre Essen und für sieben Jahre Licht und für sieben Jahre Holz und auch einen kleinen Hund mit in die Höhle. Und dann ließ er die Höhle zumachen, und nun war die Prinzessin ganz abgeschlossen von der Welt und vom Licht und von allem.

Als nun die sieben Jahre zu Ende waren, da starb eine Magd nach der anderen, bis alle sieben tot waren. Und jetzt hatte sie nichts mehr, weder Essen noch Licht oder Holz.

So fing sie an, an der Decke der Höhle zu schürfen, und sie schürfte, dass ihre Nägel ganz abgewetzt wurden. Endlich hatte sie da ein kleines Loch, so eng, dass sie gerade den kleinen Hund hindurchstecken konnte. Und da half er ihr, an der Erddecke von außen her zu graben, so dass sie selbst heraufkommen konnte. Aber da fand sie sich nicht zurecht und wusste auch keinen Weg zu anderen Menschen, und da wanderte sie nur den ganzen Tag dahin. Da kam ein großer Bär, der hatte Hunger, und er sagte zu ihr, wenn er den kleinen Hund bekäme, sagte er, da dürfe sie auf ihm reiten, und er werde sie zu Menschen bringen. Wenn sie auch das kleine Tier ungern entbehren wollte, so musste sie doch dem Bären seinen Willen lassen, um wieder zu Menschen zu kommen. Und der Bär verschlang den Hund auf einen Sitz. Danach durfte sie sich auf seinen Rücken setzen, und er trottete mit ihr weiter bis in die Nähe eines Köhlers, der an seinem Meiler Kohlen brannte. Und da hieß er sie absteigen und sagte, er wage es nicht, bis zu dem Köhler zu gehen, nun müsse sie selbst zu ihm gehen. Da ging sie zu dem Köhler und bat ihn um ein wenig Essen, und er gab es ihr mit der Bedingung, dass sie ihm helfen sollte, die Kohlen zu löschen.

Später begleitete er sie zu einem Königshof in der Nähe, und da fand sie einen Dienst als Hühnermagd. Der König dort sollte gegen seinen Willen ein Frauenzimmer heiraten; die war schwanger, aber er wusste nichts davon. Weil sie nun am gleichen Tag ihr Kind zur Welt bringen sollte, an dem sie heiraten sollte, überredete sie die Hühnermagd, an ihrer Stelle als Braut zu gehen. Währenddessen lag sie im Stall und bekam ihr Kind. Als sie nun zur Kirche ritten, trat das Pferd der Hühnermagd auf einen Stein. Da sagte sie:

»Huf am Steine, klinge laut!

Zu Haus im Stalle gebiert ein Kind die junge Braut.«

Darauf wandte sich der König zu ihr und fragte: »Was ist es, was du da sprichst, mein Lieb?« Sie aber sagte nur: »Ich spreche mit meiner Magd.« Dann kamen sie zu einem großen Schiff, das ihrem Vater, dem König, gehört hatte, aber niemand konnte es von der Stelle bringen, wenn er nicht seinen Namen wusste. Als sie es zu sehen bekam, rief sie:

»Bomarusa, große, liegst du da,

wie oft ich einst von meines Vaters Land

dich ausfahren sah!«

Darauf setzte sich das Schiff in Bewegung, dass das Wasser Wellen schlug. Da fragte der König: »Was ist es, was du da sprichst, mein Lieb?« Da antwortete sie: »Ich spreche mit meiner Magd.« Dann war da eine Brücke, die wollte unter einem Brautzug nicht stille liegen, wenn einer aus königlichem Geschlecht war, der andere aber nicht. Dabei sagte der König: »Nun weiß ich nicht, wie es mit dir steht, da du kein Königskind bist, denn diese Brücke liegt nicht stille, wenn wir nicht beide aus Königsgeschlecht sind.« Darauf sagte sie:

»Brücke, Brücke, bleib stille liegen,

zwei Königskinder nun über dich ziehen!«

Da fragte der König: »Was ist es, was du da sprichst, mein Lieb?« Da antwortete sie: »Ich spreche mit meiner Magd.« Als sie nun bei der Kirche anlangten, waren sie zu früh gekommen, ehe noch der Pfarrer da war. Da wandte sich der König zu der Braut und fragte, ob sie nicht etwas Neues zu erzählen hätte, während sie warteten, und sie sagte darauf:

»Sieben Jahr in der Höhle ich saß,

Lieder und Märchen ich alle vergaß.

Viel ist mir bekannt,

Kohlen hab ich gebrannt,

viel hab ich gelitten,

auf dem Bären bin ich geritten,

jetzt reite ich als Braut,

für eine schöne Jungfrau werd' ich getraut.«

Der König fand sie überaus schön und nahm eine Goldkette und legte sie ihr um den Hals, aber den Schlüssel dazu behielt er selbst. Als nun die Hochzeit in der Kirche zu Ende war, ritten sie nach Hause und sollten da zu Mittag essen, und da kam die, die zu Hause geblieben war und die richtige Braut sein sollte, auch mit zur Mittagstafel. Da war der König ungehalten darüber, dass sie so bleich war, und er glaubte, er sei betrogen, und darum fragte er sie, was sie gesagt hätte, als ihr Pferd auf einen Stein getreten war. Da antwortete sie — sie habe es vergessen, aber sie werde ihre Magd fragen. Dann ging sie zu der Hühnermagd und fragte sie. Doch die sagte, sie habe es ganz vergessen, aber sie wollte nur vor der richtigen Braut nicht darüber sprechen. Die ging damit zum König und sagte, sogar die Magd habe es vergessen. Da fragte sie der König, was sie sagte, als sie das Schiff erblickt hatte. Das habe sie auch vergessen, sagte sie, aber sie wolle ihre Magd fragen. Und als sie das von der Hühnermagd erfahren hatte, berichtete sie es dem König.

Da fragte der König: »Wo ist die Goldkette, die ich dir um den Hals gelegt habe?«

Da sagte sie: »Die hat meine Magd.«

Da antwortete der König: »Das war eine Lüge. Hier muss Betrug im Spiel sein, denn die Kette kann kein anderer lösen als ich«, und darauf befahl er, dass alle Frauen und Mädchen, die es im Schloss gab, vor ihn gebracht werden sollten. Und alle kamen herein, nur die Hühnermagd nicht. Aber der König sagte: »Hier unter diesen ist die rechte nicht, da müssen noch ein paar andere zu finden sein.«

Da sagte die Braut, da sei niemand mehr zu finden, nur noch eine elende Hühnermagd. Aber der König antwortete: »Wie elend sie auch sein mag, sie soll hereinkommen.« Als sie hereingekommen war, da sah der König an ihrem Gesicht, dass es die war, die er geheiratet hatte, und sie trug auch die Goldkette am Hals, und da sagte er: »Hier ist die, die ich heute geheiratet habe, und sie soll nun auch die richtige Braut sein.«

Und darauf erzählte sie, dass auch sie eine Königstochter sei und gerade die, die des Königs erste Liebe gewesen war.

Da wurde die andere bleiche Braut aus dem Wege geschafft. Und der König mit seiner rechten Braut - die lebten sehr gut zusammen.