Die Schlange

 

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Die Schlange

Sataro, der Färber, lebte mit seiner Frau und einer Magd allein in seinem kleinen Haus. Die Magd hatte ohne Wissen ihres Herrn einen Freund, der sie eines Abends besuchte und zum Unglück von Sataro gesehen wurde. Sataro meinte, er sei ein Räuber, packte ihn und lieferte ihn der Polizei aus. Die Polizei vermochte trotz sorgfältigster Nachforschungen nichts Verdächtiges an dem Mann zu finden; man ermittelte seine Wohnung und fragte bei dem Vorsteher des Stadtviertels an, wo sein Haus sich befand; überall hörte man nur günstiges über ihn. Da aber Sataro, der Färber, von seinem ersten Verdacht nicht abgehen wollte, der Mann sei in böser, feindseliger Absicht in seine Wohnung eingedrungen, verfiel man auf den unseligen Gedanken, der Mann könne durch die Magd verleitet oder gar durch Zaubertränke betört worden sein - und so verhaftete man die Magd und verhörte sie streng. Wieder ergab sich nicht die geringste Bestätigung eines Verdachts, obwohl man der Ärmsten derart zusetzte, dass sie schwer verletzt war. Die Polizei schickte sie schließlich wieder zu Sataro, ihrem Herrn, zurück. Nun widersetzte sich Sataros Frau entschieden ihrer Wiederaufnahme ins Haus; das Mädchen blieb also ohne Versorgung und starb kurz darauf völlig entkräftet.

Als man ihre Leiche zu Sataro, dem Färber, brachte, damit er sie ordnungsgemäß bestatten lasse, weigerte er sich auch diesmal, sich um sie zu kümmern. Mitleidige Menschen beerdigten die Magd.

Kaum war sie unter der Erde, da klagte Sataros Frau, jede Nacht käme eine Schlange zu ihr und quäle sie auf alle erdenkliche Weise. Morgens war die Schlange verschwunden, aber nur, um in der darauffolgenden Nacht umso peinigender wiederzukommen. Sataro lauerte dem Untier auf, und bald gelang es ihm auch, die Schlange zu fangen und zu töten. In der folgenden Nacht kam sie jedoch erneut, und der Spuk wurde immer schlimmer. Abermals fing und erschlug er die Schlange, es half jedoch nichts; zuletzt wurden die Quälereien so grausam, dass Sataros Frau starb.

Als Sataro, der Färber, trauernd zu der aufgebahrten Leiche seiner Frau hintrat, entdeckte er mit Schrecken, wie eine Schlange sich um ihren Hals ringelte und ruhig liegen blieb, obwohl er immer näher kam. Hasserfüllt starrte ihn die Schlange an, richtete sich dann langsam und bedrohlich auf und züngelte ihn an. Da erfasste den Mann ein solches Entsetzen, dass er in panischer Furcht aus dem Raum rannte, das Haus verließ, die Wälder durchquerte und sich in den Bergen, da wo sie am unzugänglichsten sind, versteckte. Er wagte sich nicht mehr zurück.